Archive für den Monat: Dezember 2014

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Liebe Blogbesucher,

ich melde mich das letzte Mal für dieses Jahr. Alle Christmas Parties sind erfolgreich überstanden. Die meisten Plätzchen vertilgt und die meisten Jungs zuhause bei ihren Familien. Für meinen Kollegen und mich steht jetzt erstmal eines auf dem Programm: Der langersehnte Urlaub auf Palawan!

Kommt mir gut durch die Festtage! Lasst euch nicht unterkriegen!

 

Reis zu Weihnachten - Nein Danke! Aber wie bäckt man Vanillekipferl ohne Plätzchenofen? Nachdem die deutsche Botschaft sich ebenfalls geweigert hat, in unser Backanliegen zu investieren, blieb nur eine Möglichkeit: Einen Ofen selberbasteln. Gut, dass es hier auf dem Campus einfach massenhaft Bauschrott zu finden gibt - und massenhaft pizzahungrige Helfer.

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Stell dir einen Röhrenfernseher vor, der kein Signal findet und stattdessen nur Schneegestöber zeigt. So rauscht der Regen schon seit Stunden ununterbrochen, peitscht gegen die Fenster - wäre eines offen, würde es auch hier drinnen regnen.

Stell dir eine dieser Taschenlampen vor, die man für jedes schwache Glimmen mit einer Kurbel mühsam aufladen muss. Die Notbeläuchtung hier ist nicht handbetrieben, blinkt aber so zaghaft und unbeständig, als wäre sie es.

Stell dir vor, du hättest kein Pausenbrot dabei und siehst einen Anderen seines zu Boden werfen. Das Wasser tropft durchs Dach in Eimer - das muss reichen zum Waschen, Duschen, Zähneputzen. Denn obgleich es überall tröpfelt, riselt, spritzt und schwimmt, wollen unsere Wasserhähne keinen Tropfen mehr hergeben - diese eitlen Biester.

Der Strom, das Wasser, die Schule fällt aus - das Leben geht weiter. Der Taifun Hagupit erreichte uns nur mit letzter Kraft seiner Ausläufer. Wir haben das Privileg, eingesperrt zu sein in unserem massiven, betonierten Haus und zu warten, bis alles vorbei ist. Langeweile ist die größte Gefahr.

Eine Frage jedoch hängt schwer im Raum: Wie geht es den Menschen nur wenige 100 Kilometer süd-ostlich von hier, wo der Sturm mit seiner ganzen Gewalt wütete? Vermutlich wisst ihr deutschen Tagesschaukucker da um einiges besser bescheit, als ich.

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Um Euch nicht die falsche Vorstellung zu geben, ich würde hier Tag ein Tag aus nur verrückte Abenteuer erleben, möchte ich Euch noch einmal einen Einblick in meine Arbeit geben. Nach drei Monaten ist diese zum Glück nicht mehr ganz so abenteuerlich und verrückt wie zu Anfang. Ja, man kann schon fast von Alltag sprechen. Meine Arbeit beginnt normalerweise nach der mogendlichen Andacht (normalerweise = falls keine Visitors da sind oder Workshops, Turniere, Gottesdienste, Putzaktionen, Boy Brigade Trainingseinheiten oder unzählige andere Aktivitäten stattfinden). Bis mittags ist es meine Aufgabe, die Schüler bei ihrer selbstständigen Arbeit zu betreuen, ihre getane Arbeit mit einer Unterschrift abzusegenen und ihnen die Erlaubnis zu erteilen, aufs Klo zu gehen. In den sog. Aktivity Classes (entspricht wahnsinnig aktivem deutschen Unterricht) habe ich manchmal auch die Möglichkeit, ein bisschen von meinem eigenen Wissen an die Schüler weiter zu geben.

Nachmittags geht dann der "Unterricht" weiter. Zwei mal pro Woche hab ich während dieser Zeit die Aufgabe, in privatem Musikunterricht den Auswerwählten beizubringen, wie man mit zwei Holzstäben und einer Reihe an Trommeln und Becken auf die effizienteste Art Lärm machen kann - Schlagzeugspielen.

Tagesabschluss bildet schließlich die Chorprobe, bei der ich, sofern einige Mitglieder anwesend sind, mit meinem Kollegen meine bestes gebe, einen kleinen besinnlichen Beitrag zum Weihnachtsprogramm auf die Beine zu stellen.

Abgesehen von alledem haben wir quasi rund um die Uhr Bereitschaftsdienst für evtl. Besucherbegrüßungen (einschließlich Fotoshooting mit all denen, die noch nie in ihrem Leben einen lebensgroßen, waschechten Deutschen gesehen haben), spontane Gebetskreise, Fußballtrainings, Spieleabende und Schachturniere.

Ich denke, damit sollten keine Zweifel mehr bestehen: Das ist kein Job, sondern ein Leben.